Mofokeng, Santu

Biographie

Südafrika, 1956-2020

Details

Santu Mofokeng, ein Schüler David Goldblatts und in den 1980er Jahren Mitglied des südafrikanischen Afrapix-Kollektivs von Dokumentarfotografen, beleuchtet mit seinen Arbeiten die ideologische Instrumentalisierung herkömmlicher fotografischer Archive. Zum einen setzt sich Mofokeng dabei intensiv mit dem Fotojournalismus zur Zeit der Apartheid und danach auseinander; zum anderen verfolgt er seit den späten 1980er Jahren ein Projekt, bei dem seine Arbeiten über das Verhältnis von Bild, Archiv und bürgerlicher Teilhabe auch an eine wesentlich frühere Phase der Fotografiegeschichte anknüpfen. Das Black Photo Album / Look At Me: 1890-1950, das während Mofokengs Tätigkeit als Dokumentarfotograf und Forscher am Institute for Advanced Social Research der University of Witwatersrand (1988-1998) entstanden ist, stellt so etwas wie ein alternatives inoffizielles Archiv dar: Es ist eine umfangreiche Sammlung von privaten, vor Ort aufgenommenen Familienfotos, die Mofokeng gesammelt, kopiert, gescannt und retouchiert hat und als Gegenmodell zur staatlich gelenkten Fotografie in Südafrika präsentiert. Hier bilden die noch aus der Zeit des viktorianischen Salons stammenden Konventionen von Pose, Kleidung, Auftreten und Mode den Rahmen für die Fotografierten, die zwischen an Theaterkulissen erinnernden Säulen und Stellwänden konzentriert in die Kamera blicken. Aus diesen über Jahrzehnte unbeachteten und vergessenen Porträts sprechen Würde, Nachdenklichkeit und Klugheit, vor allem aber zeigen sie handlungsmächtige, sich ihrer selbst bewusste Subjekte. Was diese Porträts so besonders macht, ist die Erkenntnis, dass sie in einer Zeit entstanden sind, die man vor allem in Gestalt der für die offiziellen Archive produzierten Bilder kennt - Bilder, die der durch typologische Raster und sozialdarwinistische Zielsetzungen vorgegebenen Ordnung folgten. Diese historische Verortung von Santu Mofokengs Projekt ist sehr wichtig, um zu begreifen, dass die Entwicklung der Fotografie eng mit der kolonialen Aneignung verbunden ist. Im Begleittext zu den Bildern schreibt der Künstler: "Während die Welt in diesem Zeitraum zweimal Krieg führte, war Südafrika damit beschäftigt, ein rassistisches politisches System zu artikulieren, zu etablieren und zu legitimieren, das die Vereinten Nationen später zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklären sollten." Das Projekt veranschaulicht also, dass die vom südafrikanischen Staat in jenen Jahren auf- und ausgebauten Archive Herrschaftsinstrumente waren und dass die riesigen Sammlungen von Passbildern, offiziell in Auftrag gegebenen Porträts und amtlichen Dokumentationen über die Townships dazu beitrugen, dass die Afrikaner*innen dunkler Hautfarbe als Menschen betrachtet wurden, die es zu beaufsichtigen und zu verwalten galt. Die Bilder dienten nicht der Verleihung der vollen Bürgerrechte an die Porträtierten, sondern dem Raub ihrer Souveränität, ihrer Vermessung und Kategorisierung entsprechend den alten Modellen einer pseudowissenschaftlichen "Rassentheorie". Im Gegensatz dazu präsentiert Mofokengs Archiv eine andere Geschichte von Menschen, die ihre Porträts selbst in Auftrag gaben und sich dafür auch bewusst in Szene setzten. Diese Bilder kamen jedoch größtenteils nur im Familienkreis oder im kleineren gesellschaftlichen Rahmen in Umlauf und kursierten überwiegend außerhalb des Gesichtsfeldes der kolonialen Machthaber.

Werke von Mofokeng, Santu

Diese Website verwendet Cookies. Mit dem Besuch der Seite erklären Sie sich damit einverstanden. Mehr Informationen.